200-Sekunden-Predigt

Ab dem Reformationstag bis Silvester finden Sie hier als kleinen Impuls in der festlichen Kirchenjahreszeit wöchentlich eine „200-Sekunden-Predigt“.
Pastor Jeschke hat Kolleginnen und Kollegen eingeladen, sich an dem Projekt zu beteiligen.
Mindestens einmal in der Woche finden Sie eine Andacht, die innerhalb von 200 Sekunden gelesen werden kann.
Die Themen sind nicht festgelegt, alle Leserinnen und Leser sind zum Stöbern und sich-inspirieren-lassen eingeladen.


Wertvoll genug?

Johannes Calvin wurde nicht müde, es immer wieder zu betonen:
Die Leistungen eines Menschen entscheiden nicht über den Wert seines Lebens, sondern die liebevolle Zuwendung Gottes in Jesus Christus macht unser Leben einzigartig wertvoll. Die anderen Reformatoren, U. Zwingli, M. Luther, M. Bucer u. a., sahen das genauso.
Aber wie schwer tun wir uns doch mit dieser gnädigen Zusage!
Mit der Muttermilch haben wir das Gegenteil aufgesogen, in Familie, Kindergarten, Schule, Ausbildung es immer wieder gezeigt bekommen: Für gute Leistungen wird man gelobt und akzeptiert. Für keine guten Leistungen aber getadelt und oft auch herabgewürdigt.
Deshalb fragen wir uns immer wieder, ob wir auch wirklich wertvoll genug sind. Haben wir unsere Pflichten erfüllt, haben wir alle Anderen zufriedengestellt?
Und weil wir insgeheim wissen, dass das gar nicht möglich ist, fangen wir an, uns mit Anderen zu vergleichen. Nicht selten wird dabei deren Leistung herabgewürdigt, weil wir selber natürlich toll dastehen wollen.

Mein Vorschlag:
Bevor Sie heute Abend schlafen gehen, legen Sie im Nachtgebet alles in Gottes Hände:
„Mein Gott, vieles gelang mir heute gut, danke für die Kraft dazu. Vieles blieb Stückwerk. Das befehle ich Deiner Gnade an.
Danke, dass ich mit allem Guten und Bruchstückhaften DEIN GELIEBTES KIND sein darf. Amen“

Dieter Jeschke
31. Oktober 2022
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Gott allezeit vor Augen haben

Es gibt nur wenig historisch Verbürgtes über Martin zu erzählen, den Bischof von Tours im 4.Jahrhundert. Was es aber in Fülle gibt, das ist ein großer Kreis bunter Geschichten, die man sich von ihm erzählte. „Legenden“, d. h. auf deutsch: Was man einander erzählen und für sich bedenken sollte. Erzählungen von einer viel tieferen Wahrheit und Wirksamkeit als die paar Daten, die man
z. B. von unsereinem berichten könnte.
Einige Legenden sind mir zum Hinweis darauf geworden, was ich meinem eigenen Christsein wünsche. Die schönste Martinsgeschichte ist natürlich die, in der der 18jährige römische Offizier seinen weißen Offiziersmantel teilt und dem Bettler die Hälfte abgibt. Nach römischem Militärrecht hat er sich damit ein Disziplinarverfahren eingehandelt, an dessen Ende der Ausschluss aus dem Militär und Haft hätte stehen können.
Ein Wunder? Eigentlich nicht. Und doch ja: Ein Wunder sind Menschen, die das ihre drangeben, um Gefährdete zu retten. Der wärmende Mantel, in den man sich einkuscheln kann: Das können wie damals wertvolle Gegenstände sein. Gold und Geld, die eingesetzt werden, damit Menschen nicht ihrer Würde beraubt werden. Es könnte sich dabei aber auch um Vorrechte oder um Vorurteile handeln, die ein Christenmensch drangibt, um anderen Menschen zur Freiheit zu verhelfen. In wieviel Zank bleiben manchmal Menschen gefangen, weil niemand wie Martin mutig heraustritt und sein Recht zur Disposition stellt.

Aber dann würden wir den Willen unseres Meisters erfüllen. Denn das ist doch der Kern der biblischen Botschaft: Dass Gott das Teuerste, das ihm Liebste drangibt, dass er sich selbst hergibt, um zu retten, was sonst verloren wäre.

Martin von Tour ist jemand, der Herzenswärme lebte. Seinen Offiziersmantel teilt er mit einem Obdachlosen, auf einem goldenen Bischofsstuhl will er später nicht sitzen, sondern stattdessen in kleinen Felsenhöhlen mit Brüdern leben wie in einer klösterlichen Kommunität. Und weil er wusste, dass viele hinter seinem Rücken über ihn schlechtreden („Und so etwas will Offizier sein“, „So heruntergekommen darf sich doch ein Bischof nicht herumlaufen“), ließ er eines seiner Lieblingsworte aus der Bibel aufschreiben: „Ich habe allezeit Gott vor meinen Augen!“ (Psalm 16,8)

Dieter Jeschke
7. November 2022

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Ewigkeitssonntag oder Totensonntag

Viele Menschen gehen zum Friedhof, gedenken ihrer Verstorbenen. In den morgendlichen Gottesdiensten werden die Namen von unseren Gemeindegliedern verlesen, die im vergangenen Jahr verstorben sind. Da gibt es Abschiede und Trauer und Leid, die ihre Zeit brauchen und ihren Raum.
Für viele ist das ein sehr wichtiger Beitrag zur Trauerarbeit. Manche aber verdrängen es gerne und wollen das Thema „Abschied“ nicht an sich herankommen lassen. Die Versuchung liegt nahe, sich einfach nur verkriechen zu wollen.
Ich sehe im Ewigkeitssonntag eher die Chance zur Bewältigung von Trauerarbeit. Es tut uns gut, wenn wir uns den Fragen von Sterben und Tod stellen.
Für den Ewigkeitssonntag steht die Bibellesung im Buch der Offenbarung. Dort heißt es: „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein. Noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein. Denn das Erste ist vergangen“.
Die Bibel drückt hier in wunderbarer Weise die Hoffnung auf Gottes Zukunft aus. Ja, unser Leben ist begrenzt, das müssen wir wahrnehmen. Dass Menschen sterblich sind, ist nicht nur irgendeine Wahrheit, sondern das betrifft uns alle ganz persönlich.
Aber es muss uns nicht deprimieren oder handlungsunfähig werden lassen! Wir können unseren Frieden mit unserer eigenen Sterblichkeit machen, wenn wir uns Gott anvertrauen. Dann können wir unser Sterben und das Leben, das danach kommt, getrost in Gottes Hand legen und uns jetzt und hier in Verantwortung stellen lassen.
Das ist mir wichtig: Auf Gottes Zukunft vertrauen ist gerade keine Weltflucht, sondern macht frei für die Welt. Es macht auch frei, uns den Kranken, Leidenden und Sterbenden zuzuwenden.

Die Frage 1 aus dem Heidelberger Katechismus schließt deshalb mit dem Mut machenden Satz:
„Darum macht mich Gott durch seinen Heiligen Geist des ewigen Lebens gewiss. Und er macht mich von Herzen willig und bereit, ihm forthin zu leben!“

Dieter Jeschke
14. November 2022

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Advent — er kommt!

Nur noch wenige Tage und wir feiern den ersten Advent.

Als Kind habe ich mich immer darauf gefreut. Es wurden Plätzchen gebacken. Wir haben eine Wunschliste geschrieben, haben Geschenke gebastelt, gehäkelt oder gestrickt- immer darauf bedacht, dass niemand was sieht und verrät.
Die Zeit bis Weihnachten wurde mir als Kind manchmal furchtbar lang.

Als junge Frau wurde ich nach und nach zur „Gastgeberin“, weil ich weiter im Haus der Eltern lebte, meine Geschwister weggezogen waren und zum Weihnachtsfest bei uns vorbeikamen. Da war eher Stress angesagt, denn es sollte ja alles so sein, wie früher! Wenn dann alle da waren, war es immer auch gemütlich und unterhaltsam. Wir haben viel miteinander gespielt.

Rückblickend stelle ich fest, dass es zum einen schöne Zeiten, aber zugleich auch anstrengende Zeiten waren. Überlegungen, was Advent bedeutet, kamen mir nicht in den Sinn.

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an Advent denken?
Fragen Sie sich sorgenvoll, ob sie alles bis zum Weihnachtsfest schaffen?
Es gibt so viel zu tun und zu bedenken: Wohnung schmücken, Weihnachtsplätzchen backen, Geschenke überlegen und einkaufen, Besuche organisieren, einen Weihnachtsbaum besorgen, das Weihnachtsessen planen usw.

Oder?

Freuen Sie sich auf harmonische Tage in der Familie? Auf Zeit für Begegnungen und füreinander? Vielleicht sind sie eine begeisterte Köchin oder ein begeisterter Koch und stürzen sich mit Freude auf die Weihnachtsbäckerei, planen ausgiebig das große Weihnachtsmenü?

Egal was auf Sie jetzt zutrifft, was Ihnen in den Sinn kommt, was Ihnen an Advent wichtig ist, ob wir uns darauf freuen, ob es uns davor graut, ob wir versuchen uns dem zu entziehen.
Wichtig ist und bleibt sich zu besinnen, sich daran zu erinnern, darüber nachzudenken und zu entdecken, dass es in unserem Leben eine Konstante gibt, die unser Leben durchzieht, begleitet und verändern kann. Diese Konstante ist die Liebe Gottes, die uns in Jesus ganz nah kommt. Gott ist Mensch geworden, näher kann er nicht bei uns sein.

Advent heißt Ankunft- kommen dessen, der helfen und retten kann: Jesus Christus.
Diese über zweitausend Jahre alte Botschaft hat unverändert die Zeit überstanden und gilt heute noch.
Wenn wir die Adventszeit nutzen, um uns daran zu erinnern, dass Gott uns in Jesus begegnet, dass seine Liebe über allem steht, dann können wir uns darüber freuen und gewiss sein, dass diese Liebe unser Leben trägt.

Ich versuche oder besser gesagt, ich übe mich darin, die „vierwöchige Vorbereitungszeit auf das Weihnachtsfest“ als eine festliche und besinnliche Zeit zu nutzen.
Sie auch?

Gisela Busch
21. November 2022

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Barbara-Tag

Der 4.Dezember gilt in unserer Kirche als Barbara-Tag. Barbara von Nikomedien war im 3.Jahrhundert die Tochter eines reichen Griechen. Der Vater wollte sie so erziehen, wie es seinem Bildungsideal entsprach. Er sperrte sie in einem Turm ein, damit sie ja nicht auf andere Gedanken komme. Doch Barbara lässt sich zwar in den Turm sperren, nicht aber in das enge Gedankengebäude des Vaters. Familie ist nicht alles. Sie lässt Philosophen kommen, diskutiert mit ihnen und wird von der Richtigkeit des christlichen Glaubens überzeugt. Sie lässt sich taufen. Der Vater wütet und fügt seiner Tochter schweres Leid zu.

Die alten Geschichten erzählen, dass ihr nachts Engel erscheinen, die ihre Wunden heilen. Einmal bringen sie ihr auch das Abendmahl. Barbara wird getröstet und gestärkt. Bis heute wird ihre Geschichte erzählt, eine Geschichte von Standhaftigkeit und Durchhaltevermögen.

Für mich ist diese Geschichte ein Zeichen der Hoffnung, dass durch Jesus Christus auch unser Leben immer sinnerfüllt und wertvoll ist, selbst wenn wir uns wie im Gefängnis fühlen, selbst wenn wir verletzt werden, selbst wenn wir abgelehnt und ausgestoßen werden.

Als Frau vermittelt Barbara uns, dass wir im Tod nicht in die Kälte hinein sterben, sondern in die zärtlichen Arme des mütterlichen Gottes.

Ich stelle mir jedes Jahr am 4.Dezember Kirschzweige in die Wohnung. Sie haben zwar bisher noch nie an Weihnachten angefangen zu blühen, aber dann im Januar.

Barbarazweige wollen unsere Hoffnung stärken, dass mitten in unserem emotionalen Winter neues Leben aufblüht und Hoffnung sich Bahn schafft.

Dieter Jeschke
1. Dezember 2022

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Alles selbstverständlich?

Gerade jetzt, in der besinnlichen und winterlichen Zeit, kommt man oftmals zur Ruhe und lässt die Gedanken ein wenig schweifen. Vielleicht besuchen Sie ja, so wie ich es getan habe, einen Weihnachtsmarkt und schlendern an den schön weihnachtlich geschmückten Schaufenstern und Marktbuden vorbei. Es umgibt einen den Duft von gebrannten Mandeln, gebackenen Plätzchen, man hört das Feuer knistern, sieht den Glanz der Lichter und denkt
sich „Ach, wie schön es hier doch ist”.
Aber ist man kaum wieder im Auto, regt man sich doch über die Menschenmassen und den Trubel auf. “Jetzt schon wieder den mühsamen Weg nach Hause antreten und im Stau stehen”, denken sich vielleicht einige. Dabei vergessen wir oft, wie gut wir es eigentlich haben, dass die meisten von uns sich überhaupt ein Auto leisten können.
Als ich auf dem Weihnachtsmarkt in Köln unterwegs war, habe ich auch erst so gedacht, wie oben bereits beschrieben. Ich habe mich über das leckere Essen gefreut, habe mir einen Crêpes und einen Kakao gekauft und schließlich die Lichter und die Atmosphäre des Weihnachtsmarktes genossen. Irgendwann fielen mir dann auch immer wieder hilfsbedürftige Menschen auf, die Hunger hatten, gefroren haben, denen es einfach nicht so
gut ging, wie mir.
Ich konnte mich in diesem Moment reicher schätzen als viele andere Menschen auf der Welt. Ich habe eine dicke Jacke, ein warmes Bett, ein Dach über dem Kopf, Geld, um mir etwas zu essen zu kaufen. Mir ist in diesem Moment bewusst geworden, dass ich mich so glücklich und dankbar schätzen kann, all diese Dinge zu haben. Denn viele Menschen, die ich an diesem Abend gesehen habe, mussten draußen bei eisigen Temperaturen schlafen und hatten all das, was ich hatte, nicht.
Wir können dankbar sein für das, was uns gegeben wird. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir alles als selbstverständlich ansehen, weil wir es nicht anders gewohnt sind. Jedoch gibt es auch viele Menschen, denen es in diesen Tagen nicht so gut geht. Wir sollten auch an diese Menschen denken und das nicht nur in der Weihnachtszeit, sondern IMMER.
Schätzen Sie all das, was Sie haben und achten Sie auf Ihre Mitmenschen. Wenn wir alle nur ein wenig auf uns Acht geben, können wir die Welt gemeinsam zu einem besseren Ort machen. Jeder Mensch hat seine persönliche Geschichte, quasi ein eigenes Buch, was er selbst schreibt und selbst bestimmen kann, wie die Geschichte ausgehen wird, wenn man auch nur ein paar kleine Sichtweisen ändert.
Sind Sie bereit für ein neues, wunderbares Kapitel Ihrer Lebensgeschichte? Sie haben es selbst in der Hand.

Leon Partenheimer
09. Dezember 2022

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Von Trostbotinnen und Trostboten in trostloser Zeit

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. So beginnt der Predigttext für den 3. Advent. Aufbauende Worte eines Propheten an seine Landsleute in trostloser Zeit. Ihr Land Israel ist von der Großmacht Babylon dem Erdboden gleichgemacht worden. Nun sitzen sie in der Fremde, vertrieben, entwurzelt, gedemütigt, verstört und blicken aus der Ferne auf die Trümmer ihrer Heimat. Zum Verzweifeln ist das.

Und heute wieder. Manche blicken – auch unter uns – aus der Ferne auf die Trümmer ihrer Heimat in der Ukraine, andere blicken betrübt auf Trümmer ihres Lebens, auf eine zerbrochene Beziehung oder den Tod eines geliebten Menschen, auf einen zusammengebrochenen Lebensentwurf und zerplatzte Träume. Wieder andere Blicken sorgenvoll in die Zukunft: Wie wird es weitergehen? Wird das Geld für die steigenden Energiekosten reichen? Wie wird es mit dem Klima weitergehen?

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Im Lateinischen heißt Trost „consolatio“, auf deutsch „Mit-Isolation“ oder besser „Mit-Einsamkeit“. Da ist einer, der trägt meine Last mit. Da ist eine, die hört zu und hält mit mir die Sorgen, die in meiner Seele kreisen, aus. Blickt ehrlich mit mir auf die Fragen, vor die das Leben in Krisenzeiten mich stellt, und auf das, was zu tun ist. Mit-Einsamkeit. Dabeisein. Zuhören. Hilfestellung geben. Mit Worten und Gesten umarmen. Kaum ein Mensch wird sagen, er brauche keinen Trost.

Trost – das ist dann mehr als der oft gut gemeinte Satz „Das wird schon!“. Das ist das Ende der Einsamkeit. Das ist Beziehung. Verbundenheit. Gemeinsam der Not ins Auge sehen. Sie beklagen und wissen, dass nicht alles wieder wie vorher wird und dass Wunden bleiben, dass aber das, was ist, nicht alles ist. Weil es in Not und Einsamkeit auch eine andere Wirklichkeit gibt: das Versprechen Gottes und der von ihm ausgesandten Trostbotinnen und Trostboten „Ich bin da für dich. Darum fürchte dich nicht. Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.“ Da kann ich aufatmen. Da bekommt meine Seele wieder Flügel.

Wir Menschen brauchen Trost. Der Advent lenkt in diesen Wochen unseren Blick auf Gott, der in dem Kind in der Krippe auch zu uns kommen will. In jenem Kind, das den Namen Immanuel „Gott mit uns“ trägt. Den Christinnen und Christen darum auch den Heiland und Tröster nennt.

Am Anfang des Heidelberger Katechismus und damit zu Beginn der Fragen und Antworten zu den Grundlagen des christlichen Glaubens aus reformatorischer Sicht steht:

„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

Dass ich mit Leib und Seele
im Leben und Sterben nicht mir,
sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.“

Die Beziehung zu Jesus, seine Verbundenheit mit uns, ist unser Trost, sagt der Heidelberger Katechismus. Weil er im Namen Gottes mitgeht, heilt und aufrichtet und so Menschen aus Elend und Not befreit und Zukunft schenkt. Davon werden wir zu Weihnachten singen und hören, weitersagen und für uns glauben.

Ich wünsche Ihnen trostreiche Tage im Advent. Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen ein Trostbote oder eine Trostbotin begegnet und für Sie da ist. Vielleicht werden Sie auch selbst zu einem solchen. So wachsen wir zu einer Trostgemeinschaft zusammen. Was für ein Geschenk!

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist. Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel werden niedrig, und was uneben ist, soll gerade werden. Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht müde werden. (Jesaja 40,1ff.)

Antje Menn, Superintendentin
11. Dezember 2022

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„Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr!“

 Eine norwegische Legende (Quelle, Axel Kühner) erzählt von einem Hirtenjungen:
In der wundersamen Nacht, in der der Heiland geboren wurde, war ein armer Hirtenjunge im Gebirge in Betlehem. Er suchte nach einem entlaufenen Schaf, als plötzlich ein Engel vor ihm stand und sagte: „Mach dir keine Sorgen um dein Schaf. Heute ist ein größerer Hirte geboren. Lauf nach Bethlehem, dort liegt der Retter der Welt in einer Krippe!“ „Der Retter der Welt“, antwortete zaghaft der Junge: „Zu ihm kann ich nicht ohne Gabe kommen!“ „Nimm diese Flöte und spiele für das Kind“, sagte der Engel und war verschwunden. Vor den Füßen des Hirtenjungen lag eine silberglänzende Flöte. Sieben reine Töne hatte sie und spielte von selber, als er hineinblies.
Fröhlich sprang der Junge den Berg hinunter, achtete nicht auf den Weg und schlug der Länge nach hin. Im Fallen verlor er die Flöte und einen Fluch. Als er die Flöte wieder aufnahm, war sie um einen Ton ärmer. Auf seinem weiteren Weg begegnete er einem großen Wolf. „Du Schafsmörder!“ rief der Junge und warf die Flöte nach dem Tier. Der Wolf war verschwunden, aber auch ein weiterer Ton von seiner Flöte. Bei seiner Herde angekommen, warf er die Flöte nach einem seiner Schafe, das nicht in den Pferch wollte. Er begegnete auf seinem Weg Gassenjungen, die ihm die Flöte stehlen wollten. Da gab es Balgerei und Schlägerei. Er schlug mit der Flöte einen Kettenhund, der ihm den Weg abschnitt und er schwang die Flöte voller Groll gegen das Wirtshaus, in dem er die anderen Hirten beim Kartenspiel und Bier vermutete. Jedes Mal verlor er dabei einen weiteren Ton.
Von Weitem sah er schon den Stall. Als er dort ankam, hatte die Flöte nur noch einen Ton. Der Junge schämte sich so sehr. Seine wunderbare Gabe war so klein geworden.
Dann ging er in den Stall und sah das Jesuskind in der Krippe liegen. Da spielte er seinen einzigen, letzten Ton. Mild und rein klang er. Maria und Josef, Ochse und Esel und alle im Stall lauschten und wunderten sich. Das Jesuskind aber streckte die Hand aus und berührte die Flöte. Im selben Augenblick wurde sie wieder, wie der Junge sie empfangen hatte, volltönend, ganz und rein.

 

Gott gab uns das Leben, Lebensraum und Lebenszeit, Lebensmittel und Lebensgefährten*Innen, Lebenskraft und Lebensfreude. Und alles war ganz und gut und vollkommen.
Aber auf unserem Lebensweg verlieren wir diese Ganzheit. Was zerbricht da alles durch unsere Schuld. Schuldhaft und schicksalhaft kommt uns ein Ton nach dem anderen abhanden. Was haben wir alles verloren, was zerbrochen? Wo sind wir gescheitert, wie tief sind wir gefallen?
Auch wenn wir auf dem letzten Loch pfeifen, uns nur noch ein Ton geblieben ist, wird in der persönlichen Begegnung mit Jesus alles wiederhergestellt. Unser Leben wird heil, rein und ganz.

Jesus Christus ist der Heiland und Retter unseres Lebens!

Gisela Busch
24. Dezember 2022

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Silvester: Papst, Bekenner und Machtmensch

Silvesterpunsch und Silvesternacht, Silvesterfeuerwerk und Silvesterabend sind in aller Mund. Die Gestalt des Silvester aber ist kaum bekannt. Silvester war Bischof von Rom von 314 bis 335. Das war eine Zeit eines entscheidenden Umbruches, den man heute noch als „konstantinische Wende“ bezeichnet. Silvester, Bischof von Rom, hatte sich in der letzten schlimmen Verfolgung unter Kaiser Diokletian als Bekenner bewährt. In seine Regierungszeit als Bischof fällt die bis heute in Deutschland gültige Grundentscheidung, dass der Staat eine Schutzfunktion für die Kirche hat.

Mit den Namen von Bischof Silvester und Kaiser Konstantin verbindet sich aber auch eine der wirkungsmächtigsten Betrugsfälle der Weltgeschichte: Die sog. “Konstan-tinische Schenkung“. Dieser Begriff bezieht sich auf eine vermutlich um das Jahr 800 datierte, gefälschte Urkunde, die angeblich von Kaiser Konstantin um 316 n.Chr. Ausgestellt wurde, und dem Papst Silvester und allen seinen Nachfolgern umfang-reiche politische Macht in Rom, dem Römischen Reich und dem ganzen damals bekannten Erdenrund übertrug.
Diese Urkunde, deren Fälschung wissenschaftlich erwiesen und anerkannt wurde, gilt bis heute als Symbol für das politische Machtstreben der Kirche.

Politische Macht für die Kirche, unabhängig der jeweiligen Konfession, war aber nie gut. Die Kirche als Volkskirche und als Körperschaft des Öffentlichen Rechts ist zwar immer politisch, aber sie darf nicht parteipolitisch und schon gar nicht machtpolitisch sein. Ihren Einfluss sollte sie nutzen, damit es friedlicher und menschlicher zugeht in einer Gesellschaft. Religion soll dem Frieden dienen, nicht dem eigenen Machtstreben.
Im frühen Mittelalter sind bei den Auseinandersetzungen, welche christliche Konfession Recht hätte (Arianismus, Donatismus, Orthodoxie usw.) mehr Christen ums Leben gekommen, als kurz zuvor bei der Christenverfolgung durch die römischen Kaiser.

Dem Frieden zu dienen: Das ist die Aufgabe der Religionen, der Kirche, und jedes einzelnen Christenmenschen.

Dieter Jeschke
Silvester 2022

  • 27.10.2022
  • Red
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